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Film und Buch

The Outrun

Kampf gegen Dämonen
Einst verließ Rona (Saoirse Ronan) ihre langweilige Heimat auf den Orkney-Inseln für das hippe London. Doch schon bald verliert sie in der Großstadt mit dem verlockenden Nachtleben die Kontrolle. Party reiht sich an Party, der Alkoholkonsum steigt bis zur Sucht. Nach einer von zu vielen durchzechten Nächten mit Filmriss trennt sich ihr Freund Daynin (Paapa Essiedu) endgültig von ihr. Zu oft hat er Ronas Ausreden gehört und die Versprechen, nicht mehr zu trinken. Rona meldet sich bei den Anonymen Alkoholikern an, versucht trocken zu werden. Doch die Stadt mit den vielen Pubs, Bars und Clubs ist dafür ein zu gefährliches Pflaster. In ihrem Heimatkaff will sie endgültig trocken bleiben. So kehrt sie nach mehr als einem Jahrzehnt auf die Inseln zurück. Das alles erfahren wir in vielen Rückblenden, während Rona die Pfade ihrer Kindheit erkundet. Sie kümmert sich um ihren Vater, der allein auf einer einsamen Farm lebt, wo er mit seinen eigenen Dämonen kämpft. Sie streitet sich mit ihrer Mutter (Saskia Reeves), die seit der Trennung Zuflucht in der Kirche gefunden hat. Was Rona braucht, ist die totale Isolation. So mietet sie sich für den Winter auf der einsamsten Insel der Orkneys ein, wo sie sich als Vogelbeobachterin, allein in der kargen Natur, ihrer Vergangenheit stellt. Lange Spaziergänge bei Wind und Wetter, einsame Abende in der kleinen Hütte und Tagebucheinträge verschärfen ihren Blick auf die Vergangenheit und führen dazu, dass sie den Frieden mit sich, ihrer Herkunft und ihrem Leben sucht.

Saoirse Ronan glänzt in der Rolle als zerrissene junge Frau, die traumatischen Kindheitserinnerungen durch Alkohol zu entfliehen versucht und letztendlich merkt, dass man sich seinen Dämonen stellen muss. In jeder Einstellung und jeder Szene, meist in Großaufnahme, trägt Saoirse Ronan den Film mit ihrer konzentrierten Präsenz. Ihre Rona ist glaubwürdig bis zur Schmerzgrenze, ob sie die völlig Besoffene spielt, die am Straßenrand kotzt oder spätnachts zu fremden Männern ins Auto steigt, oder ihre prekäre Nüchternheit zu wahren versucht. Es gibt einen eindringlichen Moment im Film, in dem Rona bei einem AA-Treffen zugibt, das Glück zu vermissen, das ihr Alkohol gibt. Dabei schaut sie so verletzlich von der Leinwand, dass es einem fast das Herz bricht. Denn sie weiß genau, dass nur die schonungslose Konfrontation mit ihrem nüchternen Ich aus der Suchtfalle führen kann. Die Stürme und Orkane, das unbarmherzige Winterwetter auf den Orkneys, die Fingscheidt in vielen Einstellungen zeigt, spiegeln den inneren Kampf der jungen Frau wider. Ihre Verfilmung von Amy Liptrots gleichnamigem, mehrfach ausgezeichnetem autobiographischen Bestseller (Dt. Titel: Nachtlichter) ist das feinfühlige Porträt einer Sucht und dem Versuch, sie zu überwinden. Wie schon 2019 in „Systemsprenger“ zeigt Fingscheidt, wie kaputte Seelen entstehen. Gleichzeitig ist der Film eine Liebeserklärung an die Orkney-Inseln, dieses schroffe Stück Schottland, das selbst den meisten Briten ziemlich fremd ist.

Regie: Nora Fingscheidt

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