Familienbedingt sitze ich oft im Flieger Richtung Ghana. Für mehrere Stunden liegt dann unter mir der „Schwarze Kontinent“. Die Route führt über Orte, die ich nur vom Namen kenne: Fada N’Gourma, Birnim Kebbi, Tillabéri. Beim Überfliegen denke ich oft daran, dass von diesen und ähnlichen Orten vor 400 Jahren Menschen zur westafrikanischen Küste getrieben wurden, wo sie auf Schiffe vor den Sklavenforts der früheren Goldküste verladen und in eine für sie unbekannte Zukunft verfrachtet wurden. Heute wissen wir, was mit den Millionen Menschen aus Afrika geschah. Und auch, was nach der Abschaffung des transatlantischen Sklavenhandels als Fortführung der Menschenausbeutung unter anderem Namen erfolgte.
Spuren der Kolonialzeit
Auf Einladung des Reichskanzlers Otto von Bismarck sicherten die „Weltmächte“ 1884/85 in Berlin einander das Recht zu, Länder und Gebiete in Afrika in Besitz zu nehmen und auszubeuten – zwanzig Jahre nach der Abschaffung der Sklaverei. So begann die Kolonialzeit. Deutschland beanspruchte ein Drittel der aufzuteilenden Flächen. Wie die Sklaverei wurde auch der Kolonialismus irgendwann abgeschafft. Allzu lange ist es nicht her. Für mich ist es schwer vorstellbar, dass mein Vater, in der Goldküste geboren, England noch lange Zeit als „motherland“ bezeichnen musste. Ghana erlangte erst 1957 seine Unabhängigkeit. Viele afrikanische Länder waren noch in den 60er Jahren Kolonien, manche wurden sogar erst Ende der 70er unabhängige Staaten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Welt zwei Weltkriege hinter sich, man hatte Erklärungen über Menschenrechte verfasst, Demokratie, Freiheit und Gleichbehandlung als Ideale verankert. Unvorstellbar daher, dass Spuren der Kolonialzeit bis heute nur selten hinterfragt und Menschen, die Verbrechen verantwortet oder ermöglicht haben, noch immer auf Straßenschildern geehrt werden. Menschen wie Joachim Nettlebeck, Theodor Leutwein, Hermann von Wissmann oder Carl Peters – die alle noch auf Straßenschildern in NRW zu finden sind.
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