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Gesellschaft und Umwelt

Wo europäische Werte enden

Ich packe meinen Trolley, Koffer, Rucksack – und verreise nach Irgendland. Ich kann das, weil ich aus Deutschland komme und deutsche Reisende in 190 Länder der Welt ohne Visum einreisen können. Was für ein Luxus. Ob als Low-Budget-Rucksackreisende:r, Business Traveller oder Tourist:in mit großem oder kleinem Reisebudget – für uns gibt es kaum Grenzen, die Welt steht uns offen. Woher dieses Privileg kommt? Weil wir die besseren Menschen sind? Die Vorbildreisenden? Diejenigen, die Abenteuer in der Fremde erleben dürfen? Egal, warum wir reisen, es ist für uns eine unhinterfragte Selbstverständlichkeit, mobil sein zu dürfen.

Für sehr viele Menschen gilt dieses Privileg nicht. Sie müssen umständliche Formulare ausfüllen, Gründe nennen, warum sie verreisen wollen und ein volles Bankkonto vorweisen, ehe sie zum Beispiel aus einem Land wie Ghana nach Deutschland einreisen dürfen. Nur hohe Beamte, Politiker:innen und Geschäftsleute kommen in den Genuss eines deutschen Visums. Neuerdings bekommen Menschen aus Ghana nur dann ein deutsches Einreisevisum, wenn sie zusätzlich zu den bereits genannten Bedingungen mindestens schon drei Mal in ein Schengen Land eingereist sind. Heißt: Wer noch nie in Europa war, darf nie nach Europa?

Wundert es, dass sich Viele ohne die ganzen Visa-Formalitäten auf den Weg machen? Jene, die keine Zeit für den ganzen Bürokratiekram haben, weil die Ausreise drängt? Jene, die vor Kriegen und autokratischen Regierungen, vor Hunger und Elend flüchten? Jene, die ohnehin keine Chance auf ein Visum haben? Es treibt auch sie in die EU, wo angeblich Demokratie und Menschenrechte herrschen. Hier hoffen sie Asyl, Arbeit und eine lebenswerte Zukunft zu finden.

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Film und Buch Gesellschaft und Umwelt

Das neue Evangelium

Wer „Das Kongo Tribunal“ gesehen hat, weiß, dass Milo Rau kein Wohlfühlkino macht. Mit seinen Filmen zeigt er auf Missstände, die der Globalisierung geschuldet sind. So auch in seinem neuen Film „Das neue Evangelium“.

In dieser Produktion wandelt er auf den Pfaden von Pier Paolo Pasolini („Das 1. Evangelium“, 1964) und Mel Gibson („Die Passion Christi“, 2004), die beide Filme über das Leben Jesus’ in der süditalienischen Stadt Matera gedreht haben. In Matera ist auch Raus Film entstanden, ein Film, der sich von den zwei genannten Werken jedoch grundlegend unterscheidet. Denn „Das neue Evangelium“ ist kein Spielfilm, sondern eine seltsam hybride Produktion, die einerseits in der biblischen Vergangenheit spielt, aber gleichzeitig im hier und jetzt verankert ist. Als Zuschauer:in hat man das Gefühl, bei einem Filmdreh dabei zu sein, einer Art „Making of“ beizuwohnen. Wann geht der eigentliche Film los, fragt man sich. Bis man merkt: man ist schon mittendrin im Film, der einerseits die Geschichte des Schwarzen Aktivisten Yvan Sagnet und gleichzeitig die von Jesus erzählt.

Yvan Sagnet setzt sich für die Rechte afrikanischer Geflüchteter ein, die als billige Tagelöhner Orangen und Tomaten ernten. Hunderte von ihnen leben in einem heruntergekommenen Flüchtlingscamp in Matera, ohne Strom, ohne Wasser, ohne Papiere, ohne Krankenversicherung, ohne Rechte. Genau für solche Menschen, die Entrechteten, die Leidenden, die Unterdrückten ist Jesus auch eingetreten. Und so spielt Yvan Sagnet gleichzeitig auch Jesus. Im Film wechselt er ständig zwischen den Rollen und zwischen biblischen Szenen, in denen er mit seinen Jüngern – darunter übrigens auch Frauen – spricht und betet, und aktuellen Szenen, in denen er Geflüchtete besucht und sie zum Protest aufruft, oder in denen er auf einer Piazza auch direkt Touristen anspricht, die mit ihren Handys Filmszenen aufnehmen oder Selfies mit den Schauspielern machen. Neben Sagnet spielen internationale Schauspieler:innen, die auch schon bei den Filmen von Gibson und Pasolini dabei waren. Auch Kommunalpolitiker und Bewohner von Matera machen mit. Regisseur Rau zeigt damit, dass die Thematik wirklich jeden von uns etwas angeht. Ob Christen oder Muslime, ob Geflüchtete oder Europäer – gemeinsam müssen wir eintreten für das Recht aller Menschen in Würde zu leben.

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Gesellschaft und Umwelt

Als Paul übers Meer kam

Dies ist die wahre Geschichte von Paul Nkamani. Es ist nur eine Geschichte von Hunderten, von Tausenden, die sich auf eine Reise begeben. Die meisten Geschichten kriegen wir gar nicht zu hören. Viele der Geschichten gehen nicht so gut aus, wie Pauls Geschichte. Viele enden im Tod in der Wüste, oder im Mittelmeer. Doch auch wenn Paul am Ende glücklich ist, sein geographisches Ziel erreicht zu haben, ist dies noch lange nicht eine Geschichte mit „Happy End“. Weiter lesen …