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Film und Buch Gesellschaft und Umwelt

Konklave von Edward Berger

Mit einer Buchvorlage von Robert Harris kann bei einer Verfilmung kaum etwas schiefgehen: Der britische Journalist und Autor ist mit seinen spannenden Geschichten über historische Ereignisse und politische Verwicklungen ein Bestsellergarant. Mit „Konklave“ sind nun bereits sechs seiner Romane verfilmt worden. Zwei Mal erhielt der Vielschreiber den César für das beste adaptierte Drehbuch (2011 für „Der Ghostwriter“, 2020 für „Intrige“, beide von Roman Polanski verfilmt). Der Europäische Filmpreis 2010 für das beste Drehbuch ging ebenfalls an Robert Harris. Auch Regisseur Edward Berger ist mehrfach ausgezeichnet. Sein letzter Film „Im Westen nichts Neues“ wurde neun Mal für den Oscar nominiert. Ein Dream-Team also, von dem man spannende Kinounterhaltung erwarten kann und auch bekommt.

Wann steigt der Rauch?

Der Papst ist unerwartet verstorben und nun muss ein neuer gewählt werden. Vor seinem Tod hat der Pontifex den Kardinaldekan Lawrence (Ralph Fiennes) mit der Aufgabe betraut, die Wahl zu beaufsichtigen. Diese gestaltet sich aber als enorm schwierig, denn unter den aus aller Welt angereisten katholischen Würdenträgern herrscht alles andere als Einigkeit. Verschiedene Gruppierungen bilden sich, während Intrigen geschmiedet werden und Gerüchte über einzelne Kardinäle die Runde machen. Konservative gegen Reformwillige, Kirchenmänner aus dem globalen Norden gegen jene aus dem globalen Süden. Kann und darf überhaupt ein Nigerianer Papst werden? Die christliche Ideologie der Gottes- und Nächstenliebe tritt ganz in den Hintergrund, während sich die verschiedenen Lager auszustechen versuchen. Wahlgang um Wahlgang kann kein Kandidat die erforderliche 2/3-Mehrheit der Stimmen des Konklaves für sich gewinnen. Immer wieder appelliert Kardinal Lawrence an die Gottesmänner, sich nur von ihrem Gewissen und dem Wohl der Kirche leiten zu lassen. Doch die verschiedenen Lager kämpfen nur um den eigenen Vorteil. Wer nicht bereits aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, tut es vielleicht nach diesem Film, der einen vermutlich sehr realistischen Blick hinter die Kulissen dieser Weltkirche bietet, in der es allein um Macht zu gehen scheint. Die Vehemenz, mit der die Konservativen um Kardinal Tremblay (John Lithgow) jede Reform verhindern wollen und dabei auch zu unlauteren Mitteln greifen, zeigt eine erschreckende Seite der Kirche. HIER weiterlesen …

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Film und Buch

„Togoland Projektionen“: Vom deutschen Kolonialtraum – eine historische Doku von Jürgen Ellinghaus

Die deutsche Kolonialzeit wird in Togo noch von vielen verklärt. Weil sie länger zurück liegt als die Zeit der Briten und Franzosen? Immer noch gibt es ein Denkmal der Deutsch-Togolesischen Freundschaft. Immer noch zieren Porträts deutscher Kolonialgouverneure Schulgebäude. Und jedes Jahr im November wird am Volkstrauertag in Togo den verstorbenen Deutschen gedacht und gewürdigt. Sieben deutsche Friedhöfe gibt es in Togo, die Feierlichkeiten finden jedes Jahr an einem anderen dieser Orte statt. „Ich bin stolz darauf, dass es in Togo noch so viele deutsche Friedhöfe gibt“, sagt der deutsche Botschafter bei der Gedenkfeier 2022 – und meint es nicht ironisch. Jürgen Ellinghaus begibt sich in seiner Doku auf den Spuren des Filmregisseurs Hans Schomburgk, der Anfang des letzten Jahrhunderts in die damalige deutsche Kolonie Togoland reiste, um exotische Bilder von wilden Menschen und wundersamen Tieren für ein deutsches Publikum festzuhalten. Neben Aufnahmen für den Spielfilm „Eine Weiße unter Kannibalen“ filmte er auch Dokumentarisches, welches die ganze Brutalität der deutschen Kolonialherrschaft zeigt.

Über ein Jahrhundert später sehen Menschen in Togo zum ersten Mal Schomburgs Bilder und versuchen sie im Kontext von damals und heute einzuordnen. Die Älteren erinnern an den Widerstand von Ya Na Andandi, König der Dagbon, der sich den Kolonisatoren in den Weg stellte und dessen Hauptstadt Yendi von den deutschen „Schutz“-Truppen dem Boden gleich gemacht wurde. Zitate aus Tagebüchern jener Zeit sowie der Reisebericht der Schauspielerin Meg Gehrts schildern das ganze Ausmaß an Grausamkeiten und den tiefen Rassismus der Deutschen. In einem Tagebucheintrag beschreibt ein deutscher Offizier, wie er Dörfer hat niederbrennen lassen, und wie froh er darüber sei, und Gott dafür dankt, dass niemand entkommen konnte. Um im nächsten Satz nur eine einzige Sache zu bedauern: den Tod seines geliebten Hundes, der in derselben Nacht starb, in dem er zahllose Menschen ermordet hat.

Die historischen Filmausschnitte sind extrem schmerzhaft anzuschauen (Trigger Warnung!) und es ist daher umso erstaunlicher, mit welcher Ruhe das Publikum in den Dörfern sich die Szenen aus der Vergangenheit ansieht – ohne Hass oder gar Vorwürfe den Deutschen gegenüber. Lediglich ein Gefühl von Unverständnis kommt auf. Warum haben die Deutschen so etwas getan? Das ist die Frage, die sich viele stellen. Nur bei einer Vorführung vor Studierenden in Lomé kommt endlich so etwas wie Wut und Kritik auf. Schomburgks Filme, so fordern sie, sollten in allen Schulen Togos gezeigt werden, um die Geschichte ins rechte Bild zu rücken. Eine Forderung, die auch für alle deutschen Schulen gelten sollte. Denn noch immer gibt es in der Erzählung dieses Kapitels deutscher Geschichte zu viele Auslassungen. Zum Wohlstand Deutschlands hat die „Musterkolonie“, als die Togoland galt, viel beigetragen und dabei sehr viel verloren. Das sollte jedes Schulkind in Togo und in Deutschland wissen.

Der Film läuft ab Mitte November bundesweit in ausgewählten Kinos. (09.11.2024)

English review in The African Courier

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Film und Buch

Unglückliche Liebe, geglückte Kunst: Münter & Kandinski

Gabriele Münter ist eine der bekanntesten deutschen Malerinnen des Expressionismus. Rosenmüller zeichnet das Leben der Künstlerin historisch getreu nach, mit dem Fokus auf die Jahre, die sie gemeinsam mit dem russischen Maler Kandinsky verbrachte.

Ein Haus in Murnau, auch Russenhaus genannt, wird von der Gestapo gestürmt. Gesucht wird im Atelier von Gabriele „Ela“ Münter (Gabriele Loibl) entartete Kunst – – sowohl ihre als auch die von Wassily Kandinsky (Vladimir Burlakov), mit dem sie hier einige Jahre zusammenlebte.

Zu diesem Zeitpunkt hat er sie schon längst verlassen. Zurück geblieben ist eine verbitterte Frau, die dennoch den künstlerischen Wert von Kandinskys Kunst erkennt, seine normwidrigen Bilder versteckt und für die Nachwelt bewahrt, während sie selbst inzwischen „reichskonform“ malt. Das war nicht immer so. In Rückblenden erfahren wir, wie schwierig es für Münter war, Kunst nach ihren Vorstellungen zu studieren. Kunstakademien standen nur Männern offen. Frauen durften an Mädchen-Malschulen Liebliches auf die Leinwand bringen. Als Ela von Kursen an der Phalanx hört, eine alternative Kunstschule in München, die auch Frauen zulässt, meldet sie sich für einen Aktzeichenkurs bei Kandinsky an. Bald sind Lehrer und Schülerin ein Paar, obwohl er wesentlich älter und verheiratet ist. Sie wünscht sich eine feste Bindung, doch angeblich verweigert seine Frau die Scheidung. Kandinsky hält Ela hin mit schönen Worten über „Gewissensbindungen“, die mehr bedeuten als spießige Ehen. Spießig und konventionell, das ist das letzte, was sie als Künstler sein wollen. Und so gründen sie gemeinsam mit Gleichgesinnten die Neue Künstlervereinigung München und später den Blauen Reiter, um frei von Konventionen und starren Regeln zu arbeiten. Die Kamera fängt wunderschöne Bilder ein, wenn das Paar Ausflüge in die Natur unternimmt, um das Blaue Land zu malen: Felder und Flüsse, Berge und Täler, ein idyllisches Haus am See – von einem poetischen Soundtrack und der Trompete Florian Jechlingers stimmungsvoll untermalt. Ein Sound, der den ganzen Film begleitet. Auf gemeinsamen Reisen durch Nordafrika und Südfrankreich entstehen weitere ausdrucksstarke Bilder. Wenn Münter malt, zoomt die Kamera auf ihre Leinwand und zeigt, wie dicke Farben und kräftige Pinselstriche sich zu expressiven Formen verbinden.  weiter lesen auf choices.de